Die DEWOG-Siedlung in Hindenburg
  • Ort: Zabrze, 1915–1945 Hindenburg
  • Baujahr: 1931
  • Bauherr: Deutsche Wohnungsfürsorgegesellschaft
  • Baustil: „Neues Bauen“ – parallel angeordneten viergeschossigen Wohnblöcke mit dazwischenliegenden Grünflächen, knappe, klare und kühle Bauform
  • Info: Die DEWOG-Siedlung entstand im Hinblick auf die extreme Wohnungsnot und dem Wunsch nach einer besseren Wohnqualität.

Die einfachen, aber sonnendurchfluteten und abseits der Hauptstraße gelegenen Häuser der neuen DEWOG-Siedlung waren in den 1930er Jahren eine begehrte Alternative zu den dunklen und winzigen Hinterhauswohnungen der bisherigen Arbeitersiedlungen.

Vorgeschichte

In Zabrze, das von 1915 bis 1945 Hindenburg hieß, herrschte bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine extreme Wohnungsnot, insbesondere bei den unteren sozialen Schichten. Als Ballungsgebiet der Industrie zog die Stadt jährlich tausende Arbeitssuchende an. Doch weder die Stadt, Fabrikbesitzer, noch Bauunternehmer waren bemüht, den Arbeitern gesunde und billige Wohnmöglichkeiten in ausreichender Anzahl zu verschaffen. Besonders private Bauherren waren am finanziellen Gewinn orientiert, also an der maximalen Ausnutzung des Baulandes, für sie kamen nur Mietskasernen in Frage. In diesen herrschten oftmals besonders schlechte hygienische Lebensbedingungen. Erst die nach 1918 in Folge der Teilung Oberschlesiens ausgelösten deutschen Flüchtlingsströme aus dem nunmehr polnischen Ost-Oberschlesien schafften ein neues, drängendes Problembewusstsein. Der Wohnungsbau wurde zunehmend zur öffentlichen Aufgabe erklärt.

Finanzierung und Architektur

Dem Hauptproblem der Baufinanzierung begegnete man nach der Währungsstabilisierung mit der Einführung der Hauszinssteuer, die die Eigentümer alten Hausbesitzes belastete. In jener Zeit sprossen Bauvereine wie Pilze aus dem Boden. So hatte die große gewerkschaftseigene Bauorganisation DEWOG (Deutsche Wohnungsfürsorgegesellschaft; gegründet Anfang der 1920er Jahre in Berlin) reichsweit viele Niederlassungen aufgebaut, unter anderem auch in Oppeln für das Gebiet Oberschlesien. Als Gewerkschaftsunternehmen stand die DEWOG den Anschauungen moderner Architekten aufgeschlossen gegenüber. Dabei wurden bewusst Einflüsse des „Neuen Bauens“ aufgenommen: knappe, klare und kühle Bauformen sollten sich von der hierarchisch gegliederten Fassadenarchitektur traditioneller Prägung abheben. Beispiel hierfür ist die 1931 in Hindenburg entstandene DEWOG-Siedlung, die aus parallel angeordneten viergeschossigen Wohnblöcken bestand. Um Kosten zu sparen, verwendete man beim Bau standardisierte Bauteile nach dem „Gesetz der Serie“. Die flach gedeckten Baukuben mit den dazwischenliegenden Grünflächen erfüllten die Forderung nach optimaler Wohnqualität hinsichtlich Belüftung und Beleuchtung.

Nachspann

Im Frühjahr 2012, stehen wir vor den Häusern der DEWOG-Siedlung, die Häuserwände erstrahlen nicht mehr in hellen Farben, sondern sind durch die Kohle ergraut. Die Menschen, die auf den Fensterbrettern lehnen und uns neugierig anschauen, die Mütter mit Kinderwagen und die Männer vor dem Lebensmittelladen lassen uns erahnen, dass hier nicht mehr die privilegierte Arbeiterschaft von einst wohnt. Die Siedlung hat sich enorm vergrößert und ist fast durchgängig bewohnt. Großflächige Sanierungspläne, wie wir sie von deutschen Siedlungen dieser Art kennen, gibt es im Moment noch nicht. Aber in unseren Gedanken kreisen bereits Bilder von erneuerten und modernisierten Bauten.

Caroline Mai, Jan Pechstein

Kamillianerplatz
  • Name: Plac Romualda Traugutta
  • andere Benennungen: Kamillianerplatz, Plac SA, Plac Poniedziałkowego Targu
  • Baubeginn: nach 1928
  • Architekt: Dominikus Böhm
  • Bebauung: Südseite – Kloster und Pflegeheim der Kamillianer, katholisches Vereinshaus, Ostseite: Real- und Berufsschule, Südseite: viergeschossiger Wohnblock, Westseite: Park
  • Nicht verwirklichte Bauten: Kirche an der Südwestecke, zum Wasserbecken hin abfallende Rasenterrassen.

Wer würde meinen, dass dieser heute etwas verwahrloste, ruhige und graue Platz ein außergewöhnliches Werk der Urbanistik der Zwischenkriegszeit darstellt, ein Beispiel für die Anwendung neuer architektonischer Trends und deutscher Ingenieurskunst auch für politische Ziele. Die Rede ist vom plac Traugutta (historischer Name: Kamillianerplatz) in Zabrze, wo man die Schönheit der klassischen Moderne entdecken kann.

Das größte Dorf Europas

Es war ein ehrgeiziger Plan, das vormals größte Dorf Europas, den Ort Hindenburg, zu einer modern geplanten deutschen Stadt auszubauen. Außer dieser allerdings recht umfangreichen Anlage ist davon nichts übrig geblieben, andere Projekte konnten aus finanziellen Gründen damals nicht umgesetzt werden. Seit 1928 war der deutsche Architekt Dominikus Böhm mit dem Umbau von Hindenburg befasst. Der Kamillianerplatz war zuvor unbebautes Gelände gewesen. Durch seine Anlage konnte der an der Ostseite gelegene geometrische Park optisch abgeschlossen werden. Die heutige Platzanlage ist nicht rechteckig, sondern trapezförmig. Das Gelände fällt leicht gegen Norden ab.

Platzgestaltung

Besondere Aufmerksamkeit verdient die architektonische Gestaltung des Platzes. Auf der Nordseite sehen wir das ehemalige Kloster und Altenpflegeheim des Kamillianerordens. Daran grenzt das ehemalige katholische Vereinshaus, das rechtwinklig zur Bebauungslinie steht. Die Ostseite des Platzes gehörte dem Erziehungswesen; die dort errichteten Gebäude beherbergten die Real- und Berufsschule. Erstere ist mit Skulpturen des schlesischen Bildhauers Robert Bednorz geschmückt. Die Südseite wird von einem viergeschossigen Wohnblock abgeschlossen. Leider konnte aus finanziellen Gründen nicht der vollständige Bebauungsplan umgesetzt werden. Die für die Nordostecke des Platzes geplante Kirche des Kamillianerklosters wurde nicht gebaut. Ebenso musste man auf die Rasenterrassen verzichten, die zu einem ebenfalls nicht gebauten Wasserbassin in der Mitte des Platzes hin abfallen sollten.

Vom Dorf zur Stadt

Obwohl der Platz nicht ganz vollendet wurde, ist er doch beeindruckend für Menschen, die sich für Architektur und Städtebau interessieren. Hier herrscht eine ganz besondere Stimmung. Die Gebäude sind heute ziemlich grau, aber der Platz dient in seiner Gesamtheit als Erholungsraum für die Bewohner der angrenzenden Gebäude. Wenn man diese verschlafene Stimmung betrachtet, muss man sich in Erinnerung rufen, dass der Kamillianerplatz die wichtigste umgesetzte urbanistische Konzeption für Hindenburg war, eine Stadt, die ihre „Deutschheit“ unter Beweis stellen musste, die außerdem erst 1922 das Stadtrecht erhalten hatte.

Grzegorz Wilga, aus dem Polnischen von Maximilian Eiden

Literatur:

  • Barbara Szczypka Gwiadza: Urbanistyka i architektura ziem górnośląskich w obrębie Republiki Weimarskiej 1918-1933. In: Ewa Chojecka, Jerzy Gorzelik, Irma Kozina, Barbara Szczypka Gwiadza: Sztuka Gornego Slaska od sredniowiecza do konca XX wieku. Katowice 2009, S. 347-374.
  • dieselbe: Polish and German concepts in architecture and town-planning in Upper Silesia between World War I and World War II in: Murawska-Muthesius, Katarzyna (Hrsg.): Borders in art : revisiting Kunstgeographie, Warsaw 2000, S. 221-226 u. Abb. 1-8.
  • Ewa M. Żurakowska: Twórczość Dominikusa Böhma na Śląsku. Dominikus Böhms artistic works in Silesia. In: Przestrzeń i forma 16/2011, S. 623-654, http://www.pif.zut.edu.pl/pif-16_pdf/E-07_Zurakowska.pdf
Hindenburg in der Weimarer Republik

Durch die Teilung Oberschlesiens 1922 zwischen Polen und Deutschland änderte sich die Lage der nun grenznahen Gebiete völlig. Vor allem die Städte standen vor enormen Herausforderungen.

Kein Platz, kein Geld

Das wirtschaftlich, sozial und kulturell einheitliche Revier wurde zerschnitten, Hindenburg und Beuthen zu deutschen Grenzstädten ohne Hinterland. Eine Ausdehnung in den wirtschaftlich wichtigen, nun polnischen Südosten war nicht mehr möglich.
In einer durch starken Kinderreichtum geprägten Region wurde die allgemeine Wohnungsnot durch die vielen Flüchtlinge aus den Polen zugeschlagenen Gebieten noch verschärft. Der städtische Wohnungsbau kollidierte oft mit dem ebenfalls angestrebten Ausbau von Bergbau und Industrie –die Interessen der Kommune standen also denen der Wirtschaft entgegen.
Die Städte litten unter großen finanziellen Problemen: Da sie nur über wenig Grundbesitz verfügten und die Grundstückspreise utopisch waren, konnten sie kaum Liquidität erlangen, um städtische Projekte zu realisieren. Auch der wichtige Verkehrsausbau, besonders der der Bahn, war durch die finanziellen Mittel und die Grenzlage limitiert.

Viele dieser drängenden Probleme sollten durch den bis 1927 erarbeiteten Generalplan (bzw. städtebaulichen Flächennutzungsplan) für die drei Städte Hindenburg, Gleiwitz sowie Stadt und Landkreis Beuthen gelöst werden. Dieses Modell einer Dreistadt wurde aufgrund finanzieller Engpässe nur teilweise realisiert.

Hindenburg als Sonderfall

Die Ausgangssituation der Stadt Hindenburg unterschied sich in einigen Punkten von denen der beiden Nachbargroßstädte. Im Gegensatz zu Beuthen und Gleiwitz besaß die größte Stadt Oberschlesiens mit über 100.000 Einwohnern keinen historischen Stadtkern und erschien als chaotisches, dezentrales Gesamtgebilde (eine „amerikanisch“ gewachsene Stadt). Hindenburg erhielt erst 1922 das Stadtrecht, nachdem es aus vielen Dörfern eher zu einer Landgemeinde denn zu einer echten Stadt fusioniert wurde. Aufgrund dieser späten Stadtgenese hatte es eher dörflichen Charakter, verfügte nur über wenige öffentliche Gebäude und besaß kaum Grünanlagen. Verkehrstechnisch befand sich das ehemals „größte Dorf Europas“ in einer sehr ungünstigen Lage: Die polnische Grenze fungierte als Sackgasse nach Südosten. Nur unzureichend mit Bahnanlagen ausgestattet, konnte Hindenburg nicht als Umschlagplatz fungieren, alle Güter mussten über Gleiwitz und Beuthen transportiert werden. So lag die Stadt im Unterschied zu ihren Nachbarstädten nun nicht mehr an einer Schnellzugstrecke und erhielt auch kein neues Bahnhofsgebäude.
Das Steueraufkommen –  in allen drei Städten sehr gering – war in Hindenburg am niedrigsten. Dies lässt sich mit dem hohen Anteil von Arbeitern an der Bevölkerung erklären. Nicht zuletzt aufgrund der großen finanziellen Engpässe war die Wohnsituation in der Stadt äußerst prekär. Viele Jahre mussten die Menschen in Notunterkünften hausen, und der Bau neuer, selbst einfacher Wohneinheiten kam hier noch langsamer in Gang als andernorts. Außerdem hatte die Errichtung von städtischer Infrastruktur besonders hier zunächst Vorrang vor dem Bau von Wohnungen.Die am meisten benachteiligte Stadt im deutschen Oberschlesien hatte mit den schwierigsten Ausgangsvoraussetzungen zu kämpfen. Deshalb hoffte Hindenburg (ab 1945: Zabrze) im Besonderen auf die Realisierung des Dreistädteplans – die meisten Erwartungen und somit Projekte blieben aber unerfüllt.

Thomas Ferstl

Literatur:

Pläne für ein neues Zentrum in Hindenburg/Zabrze
  • Projektideen: nach 1927
  • Architekten: Max Berg, Paul Bonatz, Hans Poelzig
  • Baugrund: Areal zwischen Bahnhofsstraße (ul. Dworcowa) im Norden, Dorotheenstraße (3. Maja) im Westen und Kronprinzenstraße (ul. Wolności) im Osten
  • Realisation: Alle Konzepte wurden verworfen, die Realisation kam aufgrund von Geldmangel nicht zustande.

"Die Stadt Zabrze/Hindenburg als Stütze des Deutschtums" - ein Satz, der heute reichlich utopisch klingt. Noch überraschender scheint die Tatsache, dass das ehemals größte Dorf Europas und wahrscheinlich der Welt so berühmte deutsche Architekten anzog wie Hans Poelzig, Max Berg und Paul Bonatz. Die Pläne für die Umgestaltung des Zentrums des Dorfes, das erst 1922 Stadtrechte erhielt, sollten nicht nur der Verschönerung dienen, sondern auch Ausdruck einer gezielten Kulturpolitik der deutschen Regierung sein. Waren die architektonischen Entwürfe in diesem Zusammenhang also beredte Zeugen einer neuen Wirklichkeit in Oberschlesien nach 1920?

Städtische Probleme

Der Kampf um die Seele Oberschlesiens ging nach dem Plebiszit und der Teilung Oberschlesiens zwischen Deutschland und Polen weiter. Auf beiden Seiten der Grenze standen die Städte der Region als Symbole für Unabhängigkeit und Größe der Nation. Die rasante Entwicklung im Bauwesen im nunmehr polnischen Katowice wurde von der deutschen Seite als Bedrohung des Deutschtums in Oberschlesien gewertet. Auf der anderen Seite zwang der Zustrom deutscher Flüchtlinge aus den Gebieten, die 1922 an Polen gingen, die lokalen Behörden, eilig neue Sozialwohnungen für die Neuankömmlinge zu bauen.

Hindenburg als Zentrum der Dreistädteeinheit

Carl Schabik, Mitglied des Baurats der Stadt Hindenburg, erläuterte 1922 das bauliche Konzept einer Dreistadt, das Gleiwitz, Hindenburg und Beuthen zusammenführen sollte. Hindenburg besaß kein eigenes Zentrum, darum konzentrierte man sich hier besonders auf eine moderne innerstädtische Anlage, die gleichzeitig als Bollwerk des Deutschtums dienen sollte. Einer der Architekten des neuen Herzens der Stadt machte keinen Hehl aus den politischen Absichten dieser Baupläne, indem er feststellte, dass diese deutsche Stadt nah an der polnischen Grenze den Geist deutscher Kultur und Wirtschaft ausstrahlen müsste. Für das neue Zentrum wurde ein Areal festgelegt, das im Norden vom Hauptbahnhof, an den anderen Seiten von der Bahnhofs-, der Dorotheen- und der Kronprinzenstraße begrenzt war. Drei Architekten präsentierten ihre Visionen des neuen Hindenburg: Max Berg, Paul Bonatz  und Hans Poelzig. Alle drei Konzepte sahen eine dichte Bebauung mit einem Kultur- und Handelszentrum sowie dem Sitz der Verwaltung und Gemeindeselbstverwaltung vor.

Pölzigs Plan

Der Plan von Hans Poelzig aus dem Jahr 1927 umfasste drei frei stehende Gebäude, deren äußere Fassaden mit dem gekrümmten Verlauf der Dorotheenstraße und der Geradlinigkeit der Bahnhofsstraße harmonierten. Die Mitte des Ensembles nahm ein Theater mit kubistischer Fassade ein. Für den nördlichen Teil war ein zehnstöckiges Gebäude vorgesehen, an das entlang der umgebenden Straßen von Osten nach Westen kleine, parallel zueinander angeordnete Bauten anschließen sollten. Deren östlicher Teil sollte über die Dorotheenstraße verlaufen und so ein Tor bilden. Zwischen zwei Gebieten war ein Büroquartier mit niedrigeren Bauten eingeplant. Das ganze Konzept machte den Eindruck einer Festung mit Bastionen. Die fließenden Formen der massiven Bebauung verliehen dem Plan einen dynamischen Eindruck.

Bergs Konzept

Das Konzept von Max Berg wurde ein Jahr später vorgestellt. Der Stettiner stellte sich die Innenstadt als Netz verschiedener Achsen vor. Organisch verband er von Norden nach Süden achtgeschossige Hochhäuser mit einem Theater, das gleichzeitig Kino war, und einem Ausstellungspavillon, der an die westliche Bebauung und im Osten an zwei innerstädtische Plätze grenzen sollte. Die Gebäude, deren Höhe sich jeweils an der der umgebenden Bauten orientierte, sollten auf Pfeiler gestützt sein. Durch das horizontal-vertikale Liniennetz bildeten sich Blöcke, die einen Kontrast zur beabsichtigten Fassade bildeten.

Bonatz Idee

In dem gleichen Jahr wie Max Berg stellte Paul Bonatz sein Projekt für die neue City fertig. Ein achtstöckiges Rathaus mit schmalem Türmchen als Herrschaftssymbol an der Nordostecke bildete den Mittelpunkt eines dicht bebauten Zentrums. Der Raum zwischen den Blöcken und dem Bereich des Rathauses sollte ein Theater füllen. Auf der nördlichen Seite verbanden sich die Gebäudezüge mit einem zweiten, äußeren Bereich. Von allen Projekten war der Plan von Bonatz der mit dem sparsamsten Fassadenschmuck. Nur die Fenster sollten profiliert sein. Durch sein massives Erscheinungsbild war dieser Plan am stärksten der Tradition verhaftet.

Kein Geld für Utopien

Aus Mangel an finanziellen Ressourcen und die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre wurde der Plan, Hindenburg nach den Plänen einer amerikanischen City umzubauen, aufgegeben.

Michał Borek

Literatur:

  • Barbara Szczypka Gwiadza: Urbanistyka i architektura ziem gornoslaskich w obrebie Republiki Weimarskiej 1918-1933, w: Ewa Chojecka, Jerzy Gorzelik, Irma Kozina, Barbara Szczypka Gwiadza: Sztuka Gornego Slaska od sredniowiecza do konca XX wieku. Katowice 2009, S. 347-374.
  • Polish and German concepts in architecture and town-planning in Upper Silesia between World War I and World War II in: Murawska-Muthesius, Katarzyna (Hrsg.): Borders in art : revisiting Kunstgeographie, Warsaw 2000, S. 221-226 u. Abb. 1-8
Stadtbad Hindenburg
  • Name: Miejski Zakład Kąpielowy w Zabrzu (MZK) [Städtische Badeanstalt Zabrze], ehemals: Stadtbad Hindenburg
  • Adresse: Plac Krakowski 10 (ehemals: Schecheplatz), 41-800 Zabrze
  • Errichtet: 1927-1929
  • Architekt: Albert Krawietz
  • Kubatur: 14.185 Kubikmeter
  • Nutzfläche: 3212 Quadratmeter
  • Becken: 25 m x 10 m

Bäume, Oberleitungen, ästhetisch zumindest fragwürdige Reklameschilder ... Keine Frage, die unmittelbare Wirkung wie auf zeitgenössischen Postkarten entfaltet das Stadtbad in Zabrze heute nur noch bedingt. Es lohnt sich dennoch näher hinzusehen, vor- und einzutreten in eines der bemerkenswertesten Bäder Oberschlesiens der Zwischenkriegszeit.

„Des Wassers Kraft Gesundheit schafft!“

So lautet der Titel eines zeitgenössischen Werbeprospekts für das damalige Stadtbad Hindenburg, und dieser Titel war Programm. Entsprechend weit ist hier der Begriff Bad zu fassen: als Schwimmbad zur körperlichen Ertüchtigung, als Heil- und Kurbad mit Schwitz- und Solebädern inklusive unterschiedlichster Zusätze sowie als öffentliche Badeanstalt, denn zur Zeit der Errichtung (1927–1929) waren private Badezimmer keineswegs selbstverständlich. Somit bot das Stadtbad breiten Bevölkerungskreisen einen preisgünstigen – es gab Erst- und Zweitklassebäder –  und regelmäßigen Zugang zur Körperhygiene, ganz im Sinne des vor allem auch in der Zwischenkriegszeit brandaktuellen Themas „Volksgesundheit“.

Form follows function

Neu war nun die Formensprache zu dieser Zeit ganz allgemein in der Architektur, so auch beim Stadtbad in Hindenburg. Es besteht aus vier Quadern, die nicht nur optisch – Komposition und Größe – voneinander abgehoben sind, sondern von Anfang an auch abgegrenzte Funktionseinheiten darstellten. Äußerlich zusammengehalten werden sie durch eine weitgehend einheitliche, schlichte Fassadengestaltung. Alle Gebäudeteile sind mit einer Schicht Klinkersteine überzogen, jedoch ohne jegliches Ornament. Aufgelockert und varriiert wird das Äußere nur durch Reihen rechteckiger, mitunter quadratischer Fenster, von denen einige in verputzte Rahmen eingefasst sind.
Hervorzuheben ist der Gebäudeteil, der sich entlang der heutigen ul. M. Lutra erstreckt und in dem man wegen seiner länglichen Form zu Recht das Schwimmbecken vermutet. Zwar handelt es sich beim Stadtbad insgesamt um eine überwiegend gemauerte Konstruktion, doch ist dieser Teil bereits in der sehr fortschrittlichen Stahlbetonbauweise errichtet worden. Auf einer Stahlkonstruktion basiert auch das markanteste Element, welches gestalterische Eleganz und Funktionalität in sich vereint: Das (heute) in Plexiglas ausgeführte, fast die gesamte Dachfläche einnehmende Oberlicht über dem Becken.
Neu war schließlich auch, dass man auf die Errichtung eines zweiten Schwimmbeckens zum Zweck der Geschlechtertrennung verzichtete. Ein allmählicher Wandel in Werte- und Sittenfragen hatte direkten Einfluss auf die Ausgestaltung von Schwimmbädern, auch wenn ökonomische Zwänge überwogen. In Hindenburg sah dieser Übergangsprozess so aus: Frauen konnten an vier Tagen in der Woche vormittags und an drei Tagen nachmittags schwimmen, die Männer zu den jeweils nicht besetzten Zeiten.

Blick über den Beckenrand //!//

Wenn auch fraglos erwähnenswert, so war die Ausgestaltung des Stadtbades Hindenburg nicht einzigartig. Korrespondierende Bauten in der Stadt selbst waren unter anderen die Stadtsparkasse von Dominikus Böhm (1929) und das Polizeiamt von Erich Böddicker (1930).
Als eigentliche Bezugsgröße jedoch ist die ebenfalls bemerkenswerte Badeanstalt in Bytom  zu nennen. 1930–31 im damals noch deutschen Beuthen/OS unter der Leitung von Carl Schmidt erbaut, weist sie viele Stilelemente ihres Hindenburger Gegenstücks auf, ist in der Farbgestaltung und Komposition jedoch bereits etwas verspielter.

Paweł Gorszczyński

Literatur:

I. Weiterführende Literatur:

  • CHOJECKA, Ewa u.a. (Hrsg.): Sztuka Górnego Śląska od średniowiecza do końca XX wieku („Die Kunst Oberschlesiens vom Mittelalter bis zum Ende des 20. Jahrhunderts”), Katowice 2009.
  • HNATYSZYN, Piotr: Kąpiel za 30 feningów („Bad für 30 Pfennig”), in: Nasze Zabrze Samorządowe („Unser Kommunales Zabrze“), Nr. 2, 1996.
  • SYSKA, Anna: Międzywojenne ojekty kąpielowe („Schwimmbäder aus der Zwischenkriegszeit”), in: Oblicza sztuki 20-lecia Międzywojennego na obszarze obecnego województwa śląskiego („Die Kunst der Zwischenkriegszeit auf dem Gebiet der heutigen Wojewodschaft Schlesien”), red.: Dudek-Bujarek, Teresa, Katowice 2011, S. 183–196.
  • WIECZOREK, Urszula: Zapomniana pływalnia („Das vergessene Schwimmbad”), in: Nasze Zabrze Samorządowe („Unser Kommunales Zabrze“), Nr. 1, 2009.

II. Links / Quellen:

  • [Internetpräsenz des Miejski Zakład Kąpielowy w Zabrzu], www.basenkryty.pl (18.07.2012, 11:16 Uhr)
  • Stadtbad Hindenburg (Oberschlesien) [Zeitgenössische Informations- und Werbebroschüre], www.sbc.org.pl (18.07.2012, 09:36 Uhr)
  • SYSKA, Anna: Woda zdrowia doda – Miejski Zakład Kąpielowy w Zabrzu („Des Wassers Kraft Gesundheit schafft – Die Städtische Badeanstalt in Zabrze),  www.scdk.pl (18.07.2012, 10:14 Uhr)
Die katholische Pfarrkiche St. Josef
  • Ort: Zabrze, 1915–1945 Hindenburg
  • Baujahr: 1930–31
  • Bauherr: ?
  • Baustil: „Neues Bauen“ – simple Formen, Verzicht auf Schmuck und Verzierungen, statt dessen klare und kühle Bauform
  • Info: Die St. Josefs-Kirche wurde gebaut, weil durch die steigende Bevölkerungszahl in der Stadt und den Bau neuer Wohnungen in unmittelbarer Nachbarschaft neue Gemeinden zur Betreuung der Menschen gebraucht wurden.

Wer zum ersten Mal ein Bild der St. Josefs-Kirche sieht, wird möglicherweise enttäuscht sein: Kirche, das klingt nach Bauten, die „irgendwie anders“ sind – erhaben, majestätisch. Aber ein simpler Backsteinbau? Noch dazu ohne richtigen Turm?

Teilung und καθολικός

„Zeichen der Teilung in Oberschlesien“ lautet das Thema der Studienreise – und eines der Referatsthemen betrifft eine Kirche, eine katholische, um genau zu sein. Wo doch das Wort „katholisch“ abgeleitet ist vom griechischen καθολικός, was sich recht gut übersetzen lässt mit „das Ganze betreffend“. In Oberschlesien nach dem Ersten Weltkrieg wurde aber durch den Grenzverlauf vieles geteilt; auch in Angelegenheiten der Konfessionen, die schon vor dem Weltkrieg in starkem Maße nationalisiert waren, wurde diese Entwicklung vorangetrieben. Innerhalb der katholischen Kirche wurden zum einen neue Bistümer geschaffen, was auch neue Bistumsgrenzen nach sich zog, daneben kam es innerhalb dieser getrennten Bistümer zur Einrichtung neuer Gemeinden mit neuen Kirchenbauten. Die starken Gegensätze, die zwischen der polnischen und der deutschen Nationalbewegung bestanden, fanden ihren Niederschlag auch in deren Architektur.

Neubaugebiete, Sport und Kirchen

Eine Stadt, in der das Gesagte noch heute beobachtet werden kann, ist die die Stadt Hindenburg, die seit 1915 nicht mehr Zabrze hieß. In den Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wuchs sie immer weiter, was Fragen zur Stadtplanung und Raumnutzungskonzepten aufwarf. Das betraf elementare Angelegenheiten wie die Versorgung mit Wohnraum, Wasser, Lebensmitteln, Schulen und Arbeit, aber auch Bereiche wie Erholung und kirchliche Versorgung.

Für beide Bereiche ist für die Stadt Hindenburg der Name Dominikus Böhm wichtig. Dieser Kölner Architekt war nicht nur für den Entwurf des Kamillianerplatzes (heute Plac Traugutta) mitverantwortlich, sondern auch für die Kirche St. Josef, die im Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen immerhin als eines der bekanntesten Objekte der oberschlesischen Architektur der Zwischenkriegszeit bezeichnet wird.

Die katholische Pfarrkiche St. Josef

Die Kirche wurde in den Jahren 1930 bis 1931 im Südteil der Stadt erbaut. Der expressionistische Backsteinbau hat einen rechteckigen Grundriss mit halbrundem Chor im Süden (die Kirche ist also nicht geostet). Unter dem Chor befindet sich eine Krypta. Der Baukörper ist gedrungen, unverputzt und trägt ein Flachdach. Zwischen den Fenstern stehen schmale, aber tiefe Wandpfeiler, die den Raum gliedern und zahlreiche Nischen schaffen. Dem Eingangsbereich im Norden ist ein atriumartiger Innenhof vorgelagert, der im Osten und Westen von zwei massiven Blöcken flankiert und im Norden von einer viergeschossigen, von Rundarkaden durchbrochenen Stirnwand begrenzt wird. Ein relativ kurzer, massiver Turm mit Flachdach, der die Kirche nur um wenige Meter überragt, steht an der Ostseite.

Anders als andere Kirchen

Diese Kirche entspricht nicht den Erwartungen, die man üblicherweise an eine Kirche stellt – ein Vergleich mit der aus derselben Zeit stammenden Christkönigskathedrale in Katowice führt die Unterschiede besonders deutlich vor Augen. St. Josef hat auf den ersten Blick eher Ähnlichkeiten mit einer Fabrikhalle, was durch die gedrungene Backsteinbauweise unterstrichen wird. Die äußere Schlichtheit wird im Kircheninneren wieder aufgenommen, auch hier wurde nicht verputzt, es finden sich keine Gemälde aus der Erbauungszeit und die wenigen Ausstattungselemente wie das Weihwasserbecken sind betont einfach gehalten. Eine Ausnahme stellt die Fensterrose dar, die sich über dem Eingang befindet und sowohl von innen als auch von außen gut zu sehen ist. Auch die anderen Fenster sind als Teil des Kirchenschmucks anzusehen: Die schmalen, hohen Seitenfenster der Hauptkirche lassen mehr Licht hinein, als man von außen vermuten würde. Die Fenster der Krypta – hier wie auch im Chor wird das Motiv der Arkadenbögen wieder aufgenommen – sind  überwiegend farbneutral, haben jedoch im Zentrum einen farbenprächtigen Kern. Wenn die Sonne hier hindurch strahlt, wird die Krypta in allen erdenklichen Farben erleuchtet.

Die fehlende Ostung der Kirche ist darauf zurückzuführen, dass sie am Ende einer langen Straße steht und diese abschließt. Wer die Straße entlanggeht, geht genau auf den Eingang zu. Der Innenhof ist durch die von Rundarkaden durchbrochene Stirnfassade von der Straße, den Siedlungen und der Sportanlage direkt vor der Tür abgetrennt und bildet auf diese Weise einen ruhigen Übergang zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre. Im Atrium kann sich zum einen die Gemeinde versammeln, zum anderen kann sich aber auch der Einzelne hier sammeln und zur Ruhe kommen, bevor er die Kirche betritt.

Obwohl die Kirche schlicht gehalten ist, war ihr Bau teurer als veranschlagt. Um der Kirche mit ihren schmalen, hohen Fenstern Stabilität zu verleihen, musste man auf Stahlbeton mit Ziegelverkleidung zurückgreifen – zumindest hier zeigt sich, dass der Kirchenbau vielleicht simpel aussehen mag, der Kirchenbau aber alles andere als simpel war: Explodierende Baukosten waren schon in der Zwischenkriegszeit aktuell.

Pascale Mannert

Literatur:

  • Badstübner, Ernst et al. (Hgg.): Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien, München 2005.
  • Chojecka, Ewa (Hg.): Sztuka Górnego Śląska na przecięciu dróg europejskich i regionalnych. Materiały V Seminarium Sztuki Górnośląskiej odbytego w dniach 14–15 listopada 1997 r. w Katowicach, Katowice 1999, S. 169–201.
  • Speidel, Manfred: Städtebau mit Kirchen, in: Bauwelt 100/16 (2009), S. 28–33.

Legende

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